Der Kemperbach

Straßen am Oberlauf

Keineswegs abgeschnitten und dennoch abseits gelegen, lohnt sich ein Blick östlich der Dellbrücker Hauptstraße. Während die Peripherie vielerorts strukturell eine hohe Industriedichte aufweist, hat sich am Oberlauf des Kemperbachs eher das Gegenteil erhalten. Stadtnahes Wohnen im Grünen einerseits und eine gute Verkehrsanbindung andererseits schaffen die Grundvoraussetzung für eine harmonische Wohnlage, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts allmählich entstanden ist.

Schlodderdicher Weg

Der Gronauer Ortsteil Schlodderdich bestand ursprünglich aus einer Ansammlung von Höfen, die erstmals im Jahr 1584 erwähnt wurden. Verkehrstechnisch erschlossen wurde Schlodderdich im Zuge der Ost-West-Achse der Bergisch Gladbacher Straße und der damaligen Streckenführung der Vorortbahn. Denn bis 1957 verkehrte die Linie G mit Halt in Schlodderdich zwischen Köln und Bergisch Gladbach.

Anhand der Buchstaben war es möglich, den Zielort zu bestimmen. So trug die Vorortbahn nach Bensberg, heutige Linie 1 der Kölner Verkehrsbetriebe, den Buchstaben B. Die Linie K fuhr in den Königsforst und eben jene Linie G ins Zentrum von Bergisch Gladbach. Die Schienen führten unmittelbar durch den Thielenbrucher Wald, überquerten am Schlodderdicher Weg die Strunde und folgten weiter den Verlauf der heutigen Straße „Am Dännekamp“, streiften den Gierather Wald und setzten die Strecke fort Richtung Refrather Weg. Buslinie 436 der WupsiDie Trassen in den Waldgebieten wurden zurückgebaut, sind jedoch weiterhin gut erkennbar. Statt einer Straßenbahn frequentieren hier nunmehr Busse der Linie 436, die sogar zwei Haltestellen in Schlodderdich ansteuern. Die Haltestelle „Schlodderdicher Weg“ liegt unmittelbar am Waldrand in der Nähe der Kemperbacher Quelle, während „Schlodderdich“ 400 Meter südlich zu finden ist. Unweit der Haltestelle erfreut der Gasthof „Alter Lindenhof“ den kulinarischen Gaumen. Untergebracht ist der Gastronomiebetrieb in einem alten Gutshof, in dem bereits 1920 Kaffee serviert wurde.

Papier- und ­Gipsmühlen

Die Papierindustrie hat eine lange Tradition in Bergisch Gladbach und ist engverknüpft mit der Strunde. Wie an einer Perlenschnur reihten sich die Mühlen bachabwärts, darunter viele Papiermühlen: die Alte Dombach, die Schnabelsmühle, aus der die Zanders Papierfabrik hervorging, und auch jene Kradepohlsmühle nahe „Am Dännekamp“. Kradepohlsmühle1873 von Carl Friedrich Wachendorff gegründet, entstand hier am Rand von Gronau mit der Zeit ein respektables Industriegelände. Die Papierfabrik hatte bis 2003 bestand. Das Areal verkam und wurde schließlich von zwei Investoren aufgekauft. Schlodderdicher MühleWenige Bachmeter weiter verrichtete die Schlodderdicher Mühle jahrhundertelang souverän ihren Dienst. Erst Schleif-, dann Ölmühle, erwarb sie Anfang des 20. Jahrhunderts Rudolf Paffrath und ließ Gips, u. a. für medizinische Zwecke, mahlen bis der Betrieb eingestellt wurde.

Thielenbrucher AlleeEcke Im Eichenforst, in Blickrichtung liegt die Bergisch Gladbacher Straße.Auf Karte zeigen

Thielenbrucher ­Allee

Ab 1900 wurden Teile der Sumpflandschaft trockengelegt und sukzessive bebaut. Ein Villenviertel nach Marienburger Vorbild entstand. Tatsächlich besitzen die wenigen Straßen um die Thielenbrucher Allee eine gewisse Ähnlichkeit mit dem linksrheinischen Pendant. Entsprechend dimensionierte Domizile säumen die breit angelegte Allee. Viele der stattlichen Villen stehen zudem unter Denkmalschutz und gehen zurück auf Entwürfe angesehener Architekten.

Erwin Crones, nach dessen Pläne auch der frühere Sitz des Rautenstrauch-Joest-Museums am Ubierring realisiert wurde, konzipierte um 1914 die Villa Wendt in der Thielenbrucher Allee. Emil Rudolf Mewes Schaffenszeit lag in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er entwarf sowohl Wohnhäuser für Industrielle als auch Industrie- und Verwaltungsgebäude. Sein bekanntestes Bauwerk ist das Heizkraftwerk im Volkswagenwerk und heutiges Wahrzeichen der Stadt Wolfsburg. P+R Parkplatz ThielenbruchWo viele Pendler aus dem Umland zusammenkommen, herrscht große Betriebsamkeit an Werktagen. So auch auf dem Parkplatz am Rande des Thielenbrucher Walds. Berücksichtigt man das hohe Verkehrsaufkommen auf der Bergisch Gladbacher Straße und den Rheinbrücken zur Rushhour, führt kaum ein schnellerer Weg in die Innenstadt als mit öffentlichen Verkehrsmitteln der KVB. Immerhin befördert die Linie 18 ihre Fahrgäste in 24 min von der Haltestelle Thielenbruch zum Kölner Hauptbahnhof. Ehemaliger PonyhofHinter dem Parkplatz steuert die Thielenbrucher Allee geradewegs auf Hausnummer 46 zu. Die Adresse beherbergte lange Zeit einen kleinen Ponyhof samt einem Lokal namens „Waldschänke“. Nach der Schließung kam es auf dem Gelände häufig zu Bränden. Wohl zum letzten Mal brannten die verlassenen Stallungen im Frühjahr 2019 und drohten auf den Thielenbruch Wald überzugreifen. Die Rauchentwicklung war in weiten Teilen Dellbrücks sichtbar. Erst nach mehreren Stunden gelang es der Feuerwehr, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Straßen im VillenviertelDie Nähe zum Thielenbrucher Forst spiegelt sich ebenfalls in der Namensgebung der Straßen wieder. Im Tannenforst, Im Eichenforst und die Waldhausstraße liegen allesamt im Umkreis der Allee und decken beinahe das gesamte Waldviertel ab.

Otto-Kayser-Straße

An der Bergisch Gladbacher Straße, gleich hinter dem Fachwerkhaus „Zur alten Post“, gebaut um 1820, verläuft die Otto-Kayser-Straße auf einer Länge von knapp 600 Metern. Dr.-Ing. Otto Kayser war Baumeister und Direktor der Stadtbahnen sowie Verfasser des Buchs „Die Bahnen der Stadt Cöln“, herausgeben 1913 vom Verein Deutscher Straßenbahn- und Kleinbahn-Verwaltungen.

Bebaute Flächen finden wir wenige an der Otto-Kayser-Str, denn sowohl östlich zur Siedlung Thielenbruch als auch westlich entlang der Kemperbachauen erstreckt sich das Landschaftsschutzgebiet LB 9-16, die eine natürliche Pufferzone zwischen den Ortsteilen herstellt. Mitten am KemperbachIm Schatten von Erlen, ziemlich genau in der Mitte, überquert die Straße den Kemperbach. Nur wenige Meter weiter geben die Bäume die Sicht frei auf das Straßenbahnmuseum an der Endhaltestelle Thielenbruch. Wer mag, biegt an der Gemarkenstraße rechts ab und folgt der Wiesenstraße vorbei der Auen und Kleingärten zum Dellbrücker Marktplatz an der Kemperwiese.

Engelssturz

Auf einer Wiese an der Otto-Kayser-Straße weilt seit 1958 das Mahnmal „Engelssturz“. Entworfen hat die über zehn Tonnen schwere Skulptur der Dellbrücker Bildhauer Joseph Höntgesberg, 1922 - 2019, Träger des Rheinlandtalers, zu dessen Œuvre, neben Arbeiten im öffentlichen Raum, auch sakrale Kunstwerke gehören.

Bachoberlauf

Begleiten Sie den Kemperbach von der Quelle in Gronau durch den Thielenbrucher Wald, der grünen Lunge Dellbrücks, wo der Umbach der Strunde entspringt, der Kemperbach mehrere Nebenbäche ausbildet und seine Reise zum Straßenbahnmuseum fortsetzt. Lesen Sie von Gewässerunterhaltung, Brücken und dem Naturerlebnis am Oberlauf.

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