Der Kemperbach

Thurner Hof

Aus der Zeit gefallen wirkt der Thurner Hof südlich vom Dellbrücker Ortskern. Mittelpunkt und Herzstück bildet ein altes Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert, das allein aufgrund seiner Höhe ein Unikum im Umkreis darstellt.

Dellbrücker Wahrzeichen

Der Gutshof erschließt sich am einfachsten über die Anfahrt Mielenforster Straße. Harmonisch eingebettet in Feld und Flur, erkennen wir die Dachgiebel weit sichtbar vom Thurner Kamp. Viereinhalb Stockwerke umfasst das Hauptgebäude einschließlich seines imposanten Satteldachs aus Schiefer.

Im Schatten alter Obstbäume verbirgt sich der ehemalige Wehrgraben, dessen Wasser nach wie vor den Hof durchzieht, lediglich unterbrochen von einer Holzbrücke. Gespeist wird der Wassergraben aus der Strunde. Gleich zu Beginn der Zufahrtsstraße ziert ein steinernes Wegekreuz aus dem 19. Jahrhundert den weiteren Verlauf. BacksteinturmDer quadratische Eckturm markiert bereits den Beginn der Hofanlage und grenzt unmittelbar an die Stallungen des Reitervereins „Kornspringer“. Vorbei am Hoftor aus dem Jahre 1627 führt der Weg nur wenige Schritte weiter zum VHS Biogarten und gibt die Sicht frei auf das denkmalgeschützte Wahrzeichen. Gut zu erkennen aus dieser Perspektive: die kleine Glocke im Dachgiebel der Nordfassade.

Fachwerkbau

Fachwerkhäuser waren bereits im antiken Herculaneum, dem heutigen Ercolano in der Nähe des Vesuvs, bekannt. In unseren Breiten konnten sie sich jedoch erst zu Beginn des Spätmittelalters durchgesetzt. Im 13. Jahrhundert lösten Fachwerkhäuser allmählich Holzbauten in Pfostenbauweise ab. Letztere waren aufgrund ihrer einfachen Konstruktion - Pfähle wurden senkrecht in den Boden getrieben, mit Flechtenwerk ausgekleidet und verputzt - oftmals ungeeignet für mehrgeschossige Gebäudeteile. Zudem hatten die tragenden Pfosten direkten Kontakt mit dem Untergrund, wodurch Fäulnisprozesse begünstigt wurden. Konstruktion und AufbauIn Folge änderte sich die Herangehensweise bei der Planung von Fachwerkhäusern. Die Baumeister errichteten zunächst Steinfundamente auf die sie horizontale Schwellen platzierten. Zum Einsatz kamen überwiegend Tannen- oder Eichenholz, Holzarten, welche als besonders robust und witterungsbeständig galten. Ein Gemisch aus Lehm und Stroh erwies sich als ideales Füllmaterial zum Verputzen der Zwischenräume, auch Gefache genannt. Beständige BauweisenFachwerkbauten können bei entsprechender Instandhaltung mehrere Jahrhunderte überdauern. Für den Aufbau mehrgeschossiger Fachwerkhäuser haben sich zwei Bauweisen bewährt: der Ständerbau sowie der Rähmbau.

Historische Entwicklung

Der Gutshof lässt sich nachweislich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen. Damaliger Eigentümer war Heinrich von Thurn. Später wechselte der Besitz an diverse Adelsgeschlechter: von Brambach, von Hatzfeld, von Quadt, von der Leyen.

Bekannte Namen, denen wir im öffentlichen Raum in Form von Straßenschildern häufig begegnen. 1911 erwarb die Stadt Köln den Thurner Hof, die das Herrenhaus in Folge mehrmals sanieren ließ. In den 1970er Jahren bezog schließlich die Volkshochschule Köln die Räumlichkeiten. Die Zweigstelle bekam 1988 einen eigenen Lehrbiogarten und erweiterte bereits zwei Jahre später ihr Programm durch erste Imkerkurse. Erst ein Bienenstand, dann ein Bienenhaus wurden errichtet. Der Veranstaltungskalender beinhaltet, neben einer Vielzahl Angebote rund ums Jahr, auch eine Pflanzentauschbörse im Frühling.

Thurner HofGutshof und altes Herrenhaus vom Thurner Kamp aus betrachtet.Auf Karte zeigen

Architektonik

Bei der Ständerbauweise liegt die tragende Last der Stockwerke und Dachkonstruktion auf durchgehenden Holzbalken, verbunden durch Ankerbalken, auf denen die einzelnen Geschosse ruhen. Gut zu erkennen ist diese Bauweise an den unteren Stockwerken des Thurner Hofs. Der Rähmbau kann als eine Weiterentwicklung des Ständerbaus gegen Ende des Spätmittelalters angesehen werden. Im Gegensatz zum Ständerbau wurde in der Vertikalen auf durchgehende Balken verzichtet und stattdessen modulweise gearbeitet. Modulare BauweiseJedes Stockwerk bildete dabei eine geschlossene Einheit, wodurch die Traglast besser verteilt werden konnte. Mehr Stabilität erlaubte die Konstruktion höherer Bauwerke. Ein weiterer Vorteil bestand im zusätzlichen Raumgewinn, denn nunmehr konnten obere Stockwerksgeschosse leicht auskragen, daher über die Grundfläche hinausragen. Daneben sind weitere Fachwerkbauweisen bekannt wie der Firstsäulenständerbau. Ebenfalls zu sehen an der Strunde an der Papiermühle „Alte Dombach“ im Bergisch Gladbacher Stadtteil Sand nahe Herrenstrunden.

Ambiente am Thurner Hof

Zur ländlichen Bauernidylle trägt, abgesehen vom Thurner Hof, maßgeblich die naturnahe Lage entlang der Strunde bei. Lange Zeit endete die Zufahrtsstraße am Reitplatz hinter dem Thurner Hof, bevor im Jahre 2011, im Rahmen der Regionale 2010, der Spatenstich für den 800 m langen Verbindungsweg zur Hardthofstraße erfolgte und nach Fertigstellung 2013 offiziell als Teilabschnitt der Erlebnisroute Ost vorgestellt wurde.

Seitdem weisen gelb-blaue Dreiecke den Weg von der Quelle in Herrenstrunden hinab zur Mündung in den Rhein. Hinweistafeln und Infostelen begleiten den Streckenverlauf und informieren Interessierte über die Bedeutung einzelner Standorte. Darüber hinaus finden wir in Köln-Dellbrück eine Reihe weiterer sehenswerter Fachwerkhäuser. Ein Großteil der Gebäude unterliegt dem Denkmalschutz. Sie wurden teils, wie der Thurner Hof eindrucksvoll zeigt, aufwendig restauriert und instand gehalten. Sonstige FachwerkhäuserZu den architektonisch reizvollen Gebäuden im Umfeld des Thurner Hofs zählen die Gaststätte „Em Höttche“, der Hardthof, das Dellbrücker Tierheim und die denkmalgeschützten Gebäude in der Strundener Straße.

Weitere Themen

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